Mittwoch, 14. April 2021

Unkraut vergeht nicht

Da mir zum Schreiben die Inspiration fehlt, hole ich sie mir. Und zwar in Form kleiner Schreibchallenges, deren Ergebnisse ich hier teile. Die Challenges sind simpel. Ich bekomme eine Überschrift vorgegeben, dazu einige Wörter, die ich in meinen Text einbauen muss, wie bei einer Reizwortgeschichte. Für den Text habe ich vierzehn Tage Zeit...


Challenge Nr. 5

freilich
Schenkel
edel
Metamorphose
berühren

Überschrift: Unkraut vergeht nicht

Es ist fucking Frühling und die Tulpen blühen. Die Menschen gehen raus in die Sonne, sie nehmen eine Schere mit und schneiden die Tulpen ab. Schnittblumen. Die werden verschenkt und kommen in eine Vase, da halten sie sich und wachsen weiter. Kommt Besuch, sagt er artig: „Oh, die schönen Tulpen!“ und redet über das Wetter und den Frühling. So geht es schon seit Jahrhunderten und ich bin mir sicher, dass unsere Kindeskinder immer noch im Frühling mit der Schere in den Garten gehen werden und sagen: „Oh, die schönen Tulpen!“.
Manche Dinge ändern sich nie, der Frühling gehört dazu. Da kann auch der Klimawandel so schnell nichts daran ändern. Bis auf, vielleicht, dass wir in 20 Jahren oder so bereits im Februar Frühling haben. Dann fallen die Frühlingsgefühle mit der ach so besonderen fünften Jahreszeit zusammen. Das wird dann ein wildes Geficke.
Apropos wildes Geficke: In der Politik geht es ja auch wieder drunter und drüber. Versagen auf voller Linie hat sich in der Vergangenheit stets bewährt, da knüpft die CDU, konservativ wie sie ist, natürlich an. Die politische Lage ist wie ein schwerer Unfall, da möchte ich nicht zu den Schaulustigen gehören und kucke weg. Das ist zwar keine Lösung, aber auch kein Problem. Ich verpasse ja nix, ich höre mir den ganzen Quatsch von meinen Mitmenschen an. Die klagen darüber, wie kacke doch alles ist mit der Politik und so und dass sie kotzen könnten. Ich denke: „Dann kotz doch.“ Aber das machen sie nie. Das Verhalten, laut rum zu weinen aber nichts ändern zu wollen ist leider Gottes weit verbreitet, viele Menschen sind so. Der Deutsche an sich ist gerne unzufrieden, erst dann geht es ihm gut. Ich selbst nehme mich da nicht raus, ich rege mich ständig über irgendetwas auf, woran ich ohnehin nichts ändern kann. In erster Linie Menschen, aber auch das Wetter oder, wenn mir nichts Besseres einfällt, die Schwerkraft. Ich gebe zu, ich würde gerne fliegen können. Aber ich bin kein Vogel, wenn auch ein komischer Kauz. Ich bin auch keine Pflanze, sonst könnte ich Metamorphose. So aber klicke ich mich jeden Abend bei Lieferando rein und bestelle schlechtes Essen für viel Geld. Ich bin einfach zu faul, regelmäßig einkaufen zu gehen und mir etwas zu kochen. Deshalb weine ich laut rum, will aber auch nichts daran ändern. Ihr merkt schon, wohin das führt. Nirgendwohin. So eine Scheiße.
Ich rege mich auf, das tue ich wirklich. Das finde ich schlimm. Ich rege mich darüber auf, dass ich mich aufrege. Ich schreibe aufgeregt Texte, in denen ich mich übel über alles beschwere, danach nehme ich den Zettel und zerreiße ihn in einem Anflug von Wahnsinn. Das ist nicht gut für meine Nerven, sagt der Arzt. Ich soll auf meinen Blutdruck achten. Jetzt habe ich ein Gerät zu Hause, mit dem ich regelmäßig meinen Blutdruck messe. Der ist fast immer zu hoch, dann rege ich mich auf, das macht es noch schlimmer. Ich glaube, ich gehe mit dem Gerät zu meinem Arzt, der soll sich das sonstwohin stecken. Scheiß Arzt.
Vielleicht schreibe ich einen Text über all die Dinge, die mich aufregen. Den Text kann ich dann am offenen Fenster in die Welt schreien. Voller Inbrunst. Voller Hass. Am besten voll. Gute Idee.
Freilich, ich könnte mich auch edel am Schenkel berühren.

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