Da mir zum Schreiben die Inspiration fehlt,
hole ich sie mir. Und zwar in Form kleiner Schreibchallenges, deren Ergebnisse
ich hier teile. Die Challenges sind simpel. Ich bekomme eine Überschrift
vorgegeben, dazu einige Wörter, die ich in meinen Text einbauen muss, wie bei
einer Reizwortgeschichte. Für den Text habe ich sieben Tage Zeit...
Challenge Nr. 18
Binse
gefällig
Wechselorgie
flamboyant
abstuhlen
Überschrift: Schlafende Hunde bellen nicht
Wie alle Schreibenden wissen sollten, ist das Schreiben allem voran eine
Fleißfrage. Das Texteschreiben fällt mir halbwegs schwer, aber um ein
Vielfaches leichter als noch vor ein paar Jahren. Das Überarbeiten hingegen,
vor dem sich die meisten Schreibenden drücken, macht mir geradezu Spaß. Aber es
gehört noch viel mehr dazu, wenn man erfolgreich schreiben will. Man muss
nämlich lesen, wahnsinnig viel lesen. Gute Texte und hervorragende Werke um zu
lernen, wie es richtig geht, schlechte Texte und miese Geschichten um zu
erkennen, wie es nicht geht. Wer es mit dem Schreiben ernst meint, sollte
wöchentlich mindestens fünf Stunden lesen, am besten zwanzig. Ich lese nicht
einmal zwei Stunden in der Woche. Es fällt mir schwer, zu lesen, wenn es mich
nicht packt und mich packen nicht einmal die herausragenden Texte, da ich mich
zu packen lassen weigere. Mein Freundeskreis beschenkt mich wild mit Büchern,
ständig bekomme ich Empfehlungen oder leihweise ein Buch in die Hand gedrückt.
Es hilft alles nichts.
Zu Recht stelle ich mir die Frage, ob ich es mit dem Schreiben ernst meine. Die
Antwort lautet: Wahrscheinlich nicht. Dass eine Reise von 1000 Meilen mit dem
ersten Schritt beginnt ist eine Binse und womöglich habe ich die ersten
Schritte getan. Dabei bin ich aber nicht der zielgerichtete Wanderer, der
strammen Schrittes seine Meilen hinter sich legt. Viel eher bin ich am
Flanieren und lasse keine Gelegenheit aus, stehenzubleiben und die Landschaft
zu betrachten. Meine zaghaften Schreibversuche sind stetig, stets bemüht und
führen zu nichts. Die Ergebnisse sind meist gefällig, selten außerordentlich
und selbst geneigte LeserInnen neigen zum Vergessen meiner Texte. Ich stelle
mir viele Fragen nach dem Wie und nach dem Was, über all dem steht die Frage
nach dem Sinn. Mein Kopf qualmt regelmäßig. Das nervt und ich versuche etwas
dagegen zu tun.
In letzter Zeit gehe ich gerne mal mit dem Hund, das ist gut für mein
Wohlbefinden. Der Hund ist eine Sie, gut erzogen, geht Fuß, wenn man „Fuß“
sagt, will immer spielen aber wenn das nicht geht ist das auch okay und wenn
man eine Weile nichts sagt, läuft sie zum nächsten Busch um abzustuhlen. Die
Hundescheiße mit dem Kotbeutel aufzuheben gehört sicher nicht zu meinen
Lieblingsaufgaben, aber ein paar kleine Unannehmlichkeiten nehme ich gerne in
Kauf. Sie schaut mich immer mit diesem Blick an, der mich wissen lässt, dass
sie mich mag und der mich glauben lässt, dass sie meine Probleme versteht und
dass das alles gar nicht so schlimm ist. Dann geht es mir besser und der Kopf
qualmt etwas weniger, vielleicht liegt das aber auch an der Bewegung und der
frischen Luft.
Letzte Woche saß ich mal wieder an einem Text und wusste nicht weiter. Meine
Freundin kam ins Zimmer. Sie trug das flamboyante Sommerkleid, das ihren
feurigen Charakter so herrlich unterstreicht. Neugierig fragte sie mich nach
den fünf Wörtern, da nicht sie es war, die mir die Wörter für die Challenge
vorgegeben hatte, sondern mein Freund Hanno aus Berlin. Leicht argwöhnisch
stolperte sie über die „Wechselorgie“. Sie hielt den Begriff für versauten
Gruppenspaß, ich musste sie enttäuschen und darüber aufklären, dass ich
vermutlich über Fußball schreiben würde. Sie hasst Fußball und das Rasentheater
interessiert mich schon lange nicht mehr wie einst, aber die Wechselorgie
wollte das so. Letztendlich schrieb ich über Fußball, ohne etwas darüber zu
wissen. ‚Das kann eigentlich nicht sein‘ dachte ich und beschloss, mich künftig
besser zu informieren. Jetzt lese ich jede Woche fünf Stunden Kicker.