Sonntag, 11. Juli 2021

Sommer, Sonne, Kaktus

Da mir zum Schreiben die Inspiration fehlt, hole ich sie mir. Und zwar in Form kleiner Schreibchallenges, deren Ergebnisse ich hier teile. Die Challenges sind simpel. Ich bekomme eine Überschrift vorgegeben, dazu einige Wörter, die ich in meinen Text einbauen muss, wie bei einer Reizwortgeschichte. Für den Text habe ich sieben Tage Zeit...


Challenge Nr. 14


Glühwürmchen
Wimpel
hinfläzen
enorm
schnippeln

Überschrift: Sommer, Sonne, Kaktus


So.
Sommer.
Sommer jetzt.
Sommer jetzt noch.
Sommer jetzt noch?
Sommer jetzt noch einen trinken?
Ich sitze in der Bar und draußen scheint ausnahmsweise mal die Sonne. Ist mir relativ egal, ich bleibe drinnen. Draußen reden sie alle doch nur über das Wetter. Oder Fußball. Oder Impfen. Es ist immer das Gleiche und dann doch wieder ein bisschen anders, am Ende ist es alles der gleiche Scheiß. Ist mir völlig egal. Soll die Sonne doch scheinen und sollen sie heute Fußball gucken: Erst drücken sie sich lachend einen Wimpel in die Hand, dann spielen sie, dann weinen alle und einer gewinnt. Sollen sie sich alle impfen lassen oder nicht, sollen sie doch bitte gesund oder bitte zu Hause bleiben. Mir egal, sowas von egal. Ich will nur noch einen Drink oder ein Bier. Ich kann mich nicht entscheiden, nehme einen Entscheidungs-Shot und bestelle danach beides. Ich trinke schnell, schon sieht die Welt ein bisschen besser aus und ich ein bisschen schlechter. Macht aber nix, sieht ja keiner. Ich mache dem Barmann gegenüber eine unmissverständliche Geste und er stellt mir ein neues Dreiergedeck hin. Ich trinke den Shot, mache dem Barmann gegenüber eine missverständliche Geste, nehme mein Bier und meinen Drink und bewege mich unbeholfen von der Bar zur Sitzbank, um mich hinzufläzen. Zwei Gedecke später die ersten Scherben. Irgendwas muss vorgefallen sein. Der Barmann bringt die Rechnung und zeigt die Tür. Ich zahle die Rechnung und zeige den Vogel. Draußen bin ich raus.

Nicht.
Nicht nochmal.
Nicht nochmal so.
Nicht nochmal Sonne.
Nicht nochmal sonne Scheiße.
16 Monate ist es her. Meine Müdigkeit, was das Corona-Thema anbelangt, hat ein Level erreicht, dass ich während eines Fallschirmsprungs einschlafen könnte. Jetzt gehen die Zahlen wieder hoch und alle reden von der Delta-Variante und einem dritten Lockdown. Wenn ich das nur höre, werde ich wütend, enorm wütend, geradezu fuchsteufelswild. Ich wechsele dann radikal das Thema, ich rede über Selbstverteidigung oder Spinat. Manchmal gehe ich auch wortlos in die Küche und fange an, Gemüse zu schnippeln. Wenn mich jemand darauf anspricht, was ich da mache, antworte ich „Eintopf“ und schnippele weiter. Der Eintopf wird meistens kein Eintopf, sondern eine Suppe. Die esse ich kochend heiß, ich verbrenne mich daran und gehe zum Arzt. Der Arzt schüttelt den Kopf und macht einen Corona-Test. Dann schüttelt er den Kopf und fragt mich, wie ich heiße, wo ich gerade bin und welches Datum wir heute schreiben. Danach schüttelt er den Kopf und ruft die Sprechstundenhilfe.
Zu Hause muss ich meinen Mund mit Hilfe von einem Wattestäbchen mit einer Salbe einschmieren, außerdem bekomme ich eine Mundspülung verschrieben und eine Schonkost. Ich trinke kaltes püriertes Gemüse und träume. Ich träume davon, im Schatten der Bäume an der Dreisam zu liegen. Ich träume davon, in der Dreisam zu baden und danach ein kühles Radler zu trinken. Ich träume davon, am Abend zu grillen und den Grillen beim Zirpen zuzuhören, während die Sonne untergeht. Ich träume davon, in warmen Sommernächten auf der Wiese zu liegen und die Glühwürmchen zu zählen. Ich träume von einem besseren Sommer.
In letzter Zeit habe ich zu viel geträumt und vergessen, meine Zimmerpflanze zu gießen. Die ist langsam eingegangen und sieht ziemlich traurig aus. Im Laden haben sie mir geraten, eine Pflanze zu kaufen, die etwas pflegeleichter ist. Jetzt habe ich einen Kaktus.

Sonntag, 4. Juli 2021

Sonntag

Da mir zum Schreiben die Inspiration fehlt, hole ich sie mir. Und zwar in Form kleiner Schreibchallenges, deren Ergebnisse ich hier teile. Die Challenges sind simpel. Ich bekomme einige Wörter vorgegeben, die ich in meinen Text einbauen muss, wie bei einer Reizwortgeschichte. Für den Text habe ich sieben Tage Zeit...


Challenge Nr. 13


Dekolleté
blühen
voluptuös
ewig
Funke
Gezwitscher
entsaftet


Sonntag

Ein Sonnenstrahl durchdringt die Luft, als wär’s ein erster Funke.
Entsaftet liegt der Mann im Bett, mit einem Hauch von Tunke.
Die Blumen blüh’n voluptuös, der Vögelein Gezwitscher,
klingt animierend, fast pornös, die Welt, als ob sie Kitsch wär.
Die Kinder laufen Hand in Hand zum Spielplatz, wo sie streiten,
die Katze wartet ganz gespannt, sie hofft auf bess’re Zeiten.
Die frommen Alten schlurfen eingerostet zur Kapelle,
das eine Mädchen muss mal, hampelt heftig auf der Stelle.
Der alte Mann mit seinem Hund, hebt dessen Kacke auf,
die Jogger joggen ohne Grund, sie haben einen Lauf.
Ein kleines Kind rennt Runden, denn endlich kann es laufen,
der Papa trinkt seit Stunden, denn endlich kann er saufen.
Im Garten gräbt der graue Gert, gräbt gerne, gut und stetig,
ein Polizist auf einem Pferd, er glaubt, der Gert gräbt ewig.
Ein Winterkind vermisst den Schnee, die Mutter hat ihr Dekolleté
mit bunten Blüten fein drapiert – der Blickfang funktioniert.
Im Fernsehen läuft ein Streifen, er handelt vom Gewinnen,
grüne Mangos reifen, --- auf der Heizung drinnen.