Freitag, 31. Oktober 2014
Sorgenbrei
Im 'Litfass' gelitten,
Mit schwer spröden Lippen,
Räumt er das Lokal.
Vom Osten beißt der Lichterschmerz,
Gedankenwelt zerreißt das Herz,
Geräusche lärmen Qual.
Montag, 27. Oktober 2014
Wehe, wenn sie losgelassen...
Ich habe meinen Lohn bekommen. Tausend Euro, ist das geil!
Dir
fehlt’s Kleingeld, willst was trinken, geh’n wir halt gemeinsam steil.
Nach zwei Stunden in der Kneipe hat jeder sieben Halbe drin,
Ich verlier‘ dich aus den
Augen, weil ich zu besoffen bin.
Ich muss pissen wie ein Eber, und auf dem Weg
zum Männerklo:
Find‘ ich dich am Automaten, du spielst 'Ramses' oder so.
Nach anderthalb Minuten Strahl gesell' ich mich bequem zu dir,
Geräusche blubbern und ich rauche, filterlos zum schalen Bier.
Du erklärst mir,
was passiert und wie’s der echte Profi macht,
Aus zwanzig Euro werden vier, und
plötzlich wieder acht.
„ZWEI Königinnen reichen nicht. Ich fass‘ es kaum, du ahnst
es nicht, wie knapp war das denn bitte? Hier guck, jetzt will er mich mal
locken. Da bleib‘ ich cool, wir woll’n ja zocken. Gleich gehen wir hoch…
Gleich… Waaaartee… JETZT!“
Da!, die Faust den Button fetzt und alles schweigt
gespannt.
Das Schweigen geht weiter, die Spannung schwindet,
Gibt
Hoffen, Bangen, Panik nach.
Du weißt, wie man ihn überwindet,
Ein kurzer Fluch,
dann tankst du nach.
Ich schäme mich und schaue weg,
Die Zigarette schmeckt nach
Kot.
Der Demo-Modus ist verboten,
Gefüttert wird mit blauen Noten
– der Selbsthass in dir grollt.
Mein letzter Zwanni ist verschluckt,
Und wird
nicht wieder ausgespuckt - du hast ihn nie gewollt.
Statt Taxi geht es nun zu
Fuß,
„Bis morgen!“ ist dein letzter Gruß.
Draußen geht es widerlich,
Hier wird
aus uns dann wieder ich.
Trüb trotte ich nach Hause.
Samstag, 25. Oktober 2014
Samstag
Fuck, was für eine Nacht. Mein Kopf besteht aus Qual, die
Gedanken kreisen wie Polizeihubschrauber bei einer Vermisstensuche über einer
Moorlandschaft. Leider vergebens. Wo war ich gestern, was habe ich gemacht? Ich
strecke die Zunge heraus und lasse sie an den oberen Schneidezähnen entlang
fahren, um eine Probe von ihrem sülzigen Belag zu nehmen. Das Zeug ist tierisch
sauer, irgendwas Böses war da im Spiel.
Mein Zustand und die Sonne machen Schlafen zur
Unmöglichkeit. Es scheint Tag, vielleicht 12? Die Uhr sagt früher. Nach
langsamstem Aufstehen unter Schmerzen wanke ich benommen ins Bad.
Kotzegeruch kommt mir entgegen. Ich klappe die Brille hoch
und werde fündig. Ich habe wohl beim Aufräumen die Schublade offen gelassen.
Die dunkelgelbe Pisse plätschert mit dem Durchfall um die
Wette. Das Brennen am Arsch ist Nebensache, so sehr dröhnt mein Schädel.
Im Spiegel grüßt sich die wohlbekannte Leiche, die Zahncreme
schmeckt wie Feuer. Was zum Teufel habe ich geraucht?
Schmerztabletten, alle guten Dinge sind drei.
Eine Stunde später bin ich drei nichtssagende Flashbacks
schlauer, immerhin der Kopf einigermaßen mittelmäßig. Ich überlege, mir einen
runterzuholen, entscheide mich dann doch dagegen. Irgendwie ist mir gerade nach
einkaufen, das Wetter viel zu gut. Außerdem bin ich in voller Montur von
letzter Nacht, da falle ich im Penny gar nicht auf. Der Blick in die schwarze
Tiefe des Portemonnaies ist wenig überraschend und doch ernüchternd. Ach ja,
die zerbrochene EC-Karte. So ein Kack. Nach kurzem Wühlen in meinen
Hosentaschen krame ich tatsächlich einen zerknitterten 20-Euro-Schein heraus.
Freudig erregt schnippe ich mir an den Fahrradhelm.
Normalerweise komme ich mir im Penny wie ein Zivilbulle vor.
Die ganzen krummen Gestalten, die im besten Fall bis zehn zählen können und
ihre merkwürdigen Einkäufe umständlich ergrapscht zur Kasse balancieren, weil
der Einkaufswagen zu teuer ist – und dann ich, mit 300 Gramm Ingwer, reichlich
Milch und jeder Menge Tiefkühlpizza. Heute nicht. Heute bin ich einer von
ihnen. Schon beim Hereingehen heiße ich den beißenden Biergestank in meinen
Nüstern willkommen und grüße die drei Zombies, die den Pfandautomat zu bedienen
versuchen mit einem mürrischen „Hrmpf.“ Einer spuckt auf den Boden, ich nicke ihm
zu.
Die Tumulte im Kassenbereich erfüllen mich mit Vorfreude,
mich zieht es aber erst einmal in die vorgeschriebene Gehrichtung. Der Pfeil
macht automatisch Platz, ich korrigiere meinen halb geöffneten Hosenstall und
lasse den leicht fauligen Geruch alten Gemüses heraus.
Ich gehe zielstrebig an die Orte, an denen man sich tummelt.
Ich kaufe Billigcola, Chips und jede Menge Bier. Zwischen Maultaschen und
Ofenkäse geht eine mickrige Gestalt verzweifelt auf und ab. „Hast du Kleingeld
für mich?“, krächzt sie in schlechtem Deutsch. Er hat einen Rettich und eine
Dose Kidneybohnen dabei, guter Einkauf. Gemeinsam geht’s zur Kasse. Dort
altbekanntes Spektakel, das wir respektvoll beobachten.
Hinter uns steht ein verwegener Riese mit einem halben
Dutzend Bierdosen im Arm. Er sagt unentwegt „Angela Merkel“ vor sich hin und
tritt dabei an die Hacken meines neu gewonnenen Kumpanen, der sich davon nicht
stören lässt und mittellaut an seinen Fingernägeln knuspert. Um nicht aufzufallen,
lasse ich einen langen Furz in meiner Hose knattern. Der akneübersäte Säufer
vor mir dreht sich um. „Waschtinkt hierso nach Pisse?“, lallt die Antwort.
Wie alles im Penny ist die Kassiererin chronisch mies drauf.
„Nein, fümf fehl’n noch! … FÜMMPF!!!“ schreit sie den armen Vietnamesen an, der
ihr daraufhin widerstandslos sämtliches Geld in die dicken Finger mit den
gemachten Nägeln drückt. Sie donnert fünf Eurostücke auf die
Aluminiumbeschichtung, als präsentiere sie einen Royal Flush. „SOH!“
Kunstpause. „Jetz‘ hemmas!“ Nachdem er sein Kleingeld wieder mühsam aufgelesen
hat, schlurft der Mann davon, ächzend unter dem soeben erworbenen Zentner
Fritteusenfett. Wie wir alle wird er wiederkommen.
Samstag, 18. Oktober 2014
Sohn
oder: Geiles Leben
Ich geh' in' Club, fick mir 'nen Sohn und nenne ihn Kain-Abel.
Er kriegt kein Bett, er kriegt 'nen Thron und Pay TV statt Kabel.
Seine Mudda hört auf Fritz, dann weiß er, was Geschlecht ist,
Den Papa aber nennt er Gott, weil keiner so gerecht ist.
Wer den Größten hat, entscheidet Gott mit seiner Güte,
Zur Einschulung mit 30 Gramm hat Kain die größte Tüte.
Die sechste Schule gibt's mit acht, weil er zu viel gedealt hat,
Ist Kain egal, der weitermacht, und längst schon drei Million' hat.
Den Lehrern hilft kein Abel und vor allem auch kein Kain,
Also drücken sie ihm jedes Jahr 'ne neue Runde rein.
Mit zwölf geht's in die Zweite und mit 20 in die Vierte,
Das feiert Kain im Vierer mit Maria, Liz und Birte.
Als Milliardär ist nach der Siebten Ende, das rentiert sich,
Die Zahl der Schulen und das Alter sind bei 42.
Dienstag, 14. Oktober 2014
Ich bin
Ich
bin von Natur aus Mensch. Und zwar nicht irgendeiner, sondern ein
ganz Besonderer, andernfalls würde ich diesen Quatsch nicht
schreiben. Ich schreibe nur über Wichtiges, und das gut. Aus
Prinzip. Meinem Prinzip. Ich habe einen witzigen Schreibstil, der
gleichzeitig intelligent ist. Außerdem begreife ich viele Dinge auf
einer höheren Ebene als die meisten. Ich bin ein Weltverbesserer,
auf meine Art. Für Optimismus bin ich so bekannt wie Bochum für
seine Zwergpinscher. Wer den Vergleich nicht kapiert, hat's
verstanden. Ich weiß, dass ich polarisiere; die einen mögen mich,
die anderen lieben mich. Manche haben Probleme mit meinem Ego, aber
da stehe ich drüber.
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