Mittwoch, 15. September 2021

Schlafende Hunde bellen nicht

Da mir zum Schreiben die Inspiration fehlt, hole ich sie mir. Und zwar in Form kleiner Schreibchallenges, deren Ergebnisse ich hier teile. Die Challenges sind simpel. Ich bekomme eine Überschrift vorgegeben, dazu einige Wörter, die ich in meinen Text einbauen muss, wie bei einer Reizwortgeschichte. Für den Text habe ich sieben Tage Zeit...

Challenge Nr. 18


Binse
gefällig
Wechselorgie
flamboyant
abstuhlen

Überschrift: Schlafende Hunde bellen nicht


Wie alle Schreibenden wissen sollten, ist das Schreiben allem voran eine Fleißfrage. Das Texteschreiben fällt mir halbwegs schwer, aber um ein Vielfaches leichter als noch vor ein paar Jahren. Das Überarbeiten hingegen, vor dem sich die meisten Schreibenden drücken, macht mir geradezu Spaß. Aber es gehört noch viel mehr dazu, wenn man erfolgreich schreiben will. Man muss nämlich lesen, wahnsinnig viel lesen. Gute Texte und hervorragende Werke um zu lernen, wie es richtig geht, schlechte Texte und miese Geschichten um zu erkennen, wie es nicht geht. Wer es mit dem Schreiben ernst meint, sollte wöchentlich mindestens fünf Stunden lesen, am besten zwanzig. Ich lese nicht einmal zwei Stunden in der Woche. Es fällt mir schwer, zu lesen, wenn es mich nicht packt und mich packen nicht einmal die herausragenden Texte, da ich mich zu packen lassen weigere. Mein Freundeskreis beschenkt mich wild mit Büchern, ständig bekomme ich Empfehlungen oder leihweise ein Buch in die Hand gedrückt. Es hilft alles nichts.
Zu Recht stelle ich mir die Frage, ob ich es mit dem Schreiben ernst meine. Die Antwort lautet: Wahrscheinlich nicht. Dass eine Reise von 1000 Meilen mit dem ersten Schritt beginnt ist eine Binse und womöglich habe ich die ersten Schritte getan. Dabei bin ich aber nicht der zielgerichtete Wanderer, der strammen Schrittes seine Meilen hinter sich legt. Viel eher bin ich am Flanieren und lasse keine Gelegenheit aus, stehenzubleiben und die Landschaft zu betrachten. Meine zaghaften Schreibversuche sind stetig, stets bemüht und führen zu nichts. Die Ergebnisse sind meist gefällig, selten außerordentlich und selbst geneigte LeserInnen neigen zum Vergessen meiner Texte. Ich stelle mir viele Fragen nach dem Wie und nach dem Was, über all dem steht die Frage nach dem Sinn. Mein Kopf qualmt regelmäßig. Das nervt und ich versuche etwas dagegen zu tun.
In letzter Zeit gehe ich gerne mal mit dem Hund, das ist gut für mein Wohlbefinden. Der Hund ist eine Sie, gut erzogen, geht Fuß, wenn man „Fuß“ sagt, will immer spielen aber wenn das nicht geht ist das auch okay und wenn man eine Weile nichts sagt, läuft sie zum nächsten Busch um abzustuhlen. Die Hundescheiße mit dem Kotbeutel aufzuheben gehört sicher nicht zu meinen Lieblingsaufgaben, aber ein paar kleine Unannehmlichkeiten nehme ich gerne in Kauf. Sie schaut mich immer mit diesem Blick an, der mich wissen lässt, dass sie mich mag und der mich glauben lässt, dass sie meine Probleme versteht und dass das alles gar nicht so schlimm ist. Dann geht es mir besser und der Kopf qualmt etwas weniger, vielleicht liegt das aber auch an der Bewegung und der frischen Luft.
Letzte Woche saß ich mal wieder an einem Text und wusste nicht weiter. Meine Freundin kam ins Zimmer. Sie trug das flamboyante Sommerkleid, das ihren feurigen Charakter so herrlich unterstreicht. Neugierig fragte sie mich nach den fünf Wörtern, da nicht sie es war, die mir die Wörter für die Challenge vorgegeben hatte, sondern mein Freund Hanno aus Berlin. Leicht argwöhnisch stolperte sie über die „Wechselorgie“. Sie hielt den Begriff für versauten Gruppenspaß, ich musste sie enttäuschen und darüber aufklären, dass ich vermutlich über Fußball schreiben würde. Sie hasst Fußball und das Rasentheater interessiert mich schon lange nicht mehr wie einst, aber die Wechselorgie wollte das so. Letztendlich schrieb ich über Fußball, ohne etwas darüber zu wissen. ‚Das kann eigentlich nicht sein‘ dachte ich und beschloss, mich künftig besser zu informieren. Jetzt lese ich jede Woche fünf Stunden Kicker.

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