Da mir zum Schreiben die Inspiration fehlt, hole ich sie mir. Und zwar in Form kleiner Schreibchallenges, deren Ergebnisse ich hier teile. Die Challenges sind simpel. Ich bekomme eine Überschrift vorgegeben, dazu einige Wörter, die ich in meinen Text einbauen muss, wie bei einer Reizwortgeschichte. Für den Text habe ich sieben Tage Zeit...
Challenge Nr. 16
Eierschalensollbruchstellenverursacher
peitschen
Einfühlungsvermögen
glitschig
Pissnelke
Überschrift: Frisch Geduschte schlafen länger
Früher habe ich täglich geduscht. Jeden Morgen nach dem Aufstehen, meist war es
schon mittags, habe ich mich unter die Dusche gestellt, die Haare gewaschen und
mich eingeseift. Danach war ich wunderbar sauber und wach und der Tag konnte beginnen.
Ich war zufrieden und wäre es wahrscheinlich geblieben, aber die Menschen sind
anders. Sie waren entsetzt darüber, dass ich täglich dusche und gifteten mich
an: „Das ist total ungesund für die Haut!“ und „Denk doch mal an die Umwelt!“
Das sah ich ein und es erklärte auch die leicht schuppige Haut, also ging ich
dazu über, nur noch alle zwei Tage zu duschen. Manchmal vergaß ich, ob ich am
Tag zuvor geduscht hatte und duschte nur noch alle drei Tage. Die Menschen
nickten zufrieden über mein leicht fettiges Haar, andere Menschen waren anders.
Sie gifteten mich an: „Du bist ja eklig!“ und „Das ist ja mega unhygienisch!“ Ich solle gefälligst täglich duschen. Ich
versuchte mich zu verteidigen, dass ich an meine Haut und die Umwelt denke,
außerdem wechsele ich ja täglich meine Unterwäsche. Aber das wollten sie nicht
hören.
Ich habe ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen und möchte es allen Menschen
recht machen, also fasste ich einen Plan. Ich traf mich mit den Duschgegnern
wann immer ich wollte, mit den Duschfanatikern nur noch an Duschtagen. Das monats-
und wochenweise vorausschauende Planen der Treffen war nicht ganz einfach, also
legte ich bestimmte Wochentage fest, an denen ich duschen würde. Dienstags und
donnerstags, weil D wie Duschtag. Dann der Samstag und als Bonus der Sonntag, weil
warum nicht und S wie Schaum.
Jetzt waren alle happy und ich auch, allerdings hatte ich an den Tagen, an
denen ich nicht duschte, erhebliche Probleme beim Aufstehen. Oft kam ich nicht
vor 12 Uhr aus dem Bett und meistens ging in den ersten Stunden nach dem
Aufstehen alles schief. Der Kaffee landete ungemahlen in der French Press, das
Müsli in der Kaffeemühle und das Frühstücksei war eine riesengroße Sauerei,
weil ich es nicht an der richtigen Stelle aufgeschlagen bekommen habe und den
glitschigen Inhalt auf dem Tisch verteilte. Ich kaufte mir einen
Eierschalensollbruchstellen-verursacher, ein Werkzeug, von dem ich dachte, dass
ich niemals Verwendung dafür finden würde. Die Konstruktion aus Edelstahl
kostet gut 20 Euro und wird auf das Frühstücksei im Eierbecher gesetzt, ein
Gewicht in Form einer Kugel wird an der Stange nach oben geschoben und aus
knapp 30 Zentimetern Höhe fallen gelassen. Danach öffnet sich das Ei angeblich
kinderleicht an der idealen Stelle. Es klappte zunächst überhaupt nicht, mit
ein bisschen Übung mäßig, mittlerweile esse ich keine Frühstückseier mehr. Der
Eierschalensollbruchstellenverursacher liegt ohne Verwendung in der Schublade,
nur wenn ich Besuch bekomme beantworte ich regelmäßig und geduldig die Frage nach
der sexuellen Praktik, die mit diesem Gerät in Verbindung stehen könnte.
Seit ein paar Monaten frühstücke ich nicht mehr allein, dann geht deutlich
weniger schief. Es ist wie mit dem Aufstehen, das klappt dann auch besser. Ich
bräuchte jeden Morgen jemanden, der mir die Bettdecke wegzieht und mich aus dem
Bett peitscht. Oder mich mit Wasser besprüht, dann bin ich sofort hellwach. Es
muss ja nicht mal eine Person sein, eine Maschine würde reichen. Oder eine
Pflanze, womöglich können die das auch. Eine Blume oder so. Vielleicht eine Pissnelke.
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